Bandscheiben

,,Ich habe Rücken” oder ,,Mein Ischias macht Probleme” , so lautet es im Volksmund meistens, wenn man sich über seine körperlichen Beschwerden äußert. Und leider wird häufig die Bandscheibe als Corpus delicti genannt. 80 % der Menschen haben Rückenschmerzen, aber nur ein Bruchteil davon, ca. 4-5%  haben tatsächlich eine akute Bandscheibenproblematik, in ganz seltenen Fällen einen Bandscheibenvorfall (auch NPP= Nucleus pulposus prolaps genannt). Also der Großteil der Beschwerden sind Probleme des Muskel-Band-Systems. Folglich kann man an dieser Stelle mit Physiotherapie viel erreichen bzw. Linderung schaffen und die Einnahme vieler Medikamente und/oder die Gabe von Spritzen vermeiden. Als konservative Maßnahmen bei allgemeinen Rückenleiden bzw. Bandscheibenproblemen gibt es in der Physiotherapie u.a. die Manuelle Therapie, Massagen, Fangopackungen, Elektrotherapie, Ultraschall, die Osteopathie und man kann bei uns auch selbst aktiv an Präventionskursen wie Rückenschule zur Verbesserung der Körperwahrnehmung, Wirbelsäulengymnastik oder Pilates zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur teilnehmen. Vor allem mit der Osteopathie, aber auch der Manuellen Therapie können wir mit Hilfe unserer manuellen Techniken und ganzheitlichen Betrachtung des Körpers großen Einfluss auf die Selbstheilungskräfte unseres Organismus nehmen. Unter anderem werden durch diese Techniken schmerzhafte Gewebespannungen im Körper minimiert und es können gelenkige Blockaden gelöst werden.

 

Definition:

Die Bandscheibe (Discus intervertebralis) ist eine flexible faserknorpelige Verbindung zwischen den Wirbelkörpern, sie wird auch Zwischenwirbelscheibe genannt. Der Mensch besitzt 23 Bandscheiben, zwischen den ersten beiden Halswirbeln liegt keine Bandscheibe. Da die Bandscheiben von Hals bis Lende in ihrer Höhe variieren (HWS= 3mm, BWS= 5mm, LWS=9mm), machen sie ca. 25 %  der Gesamtlänge der Wirbelsäule aus.

 

Aufbau:

Der Discus intervertebralis besteht im Wesentlichen aus zwei Strukturen. Zum einen aus einem äußeren Faserring (Anulus fibrosus) aus Kollagen (Bindegewebe) und Faserknorpel. Ca. 10-20 Faserringe bzw. Schichten hat jede Bandscheibe, wobei die äußeren stabiler und weniger elastisch sind. Der zweite Hauptbestandteil ist der Nucleus pulposus (=Gallertkern), ein zellarmes gallertartiges Gewebe mit einem hohen Wassergehalt (90%). Die Zwischenwirbelscheiben werden ringsherum von Bändern in ihrer Postion gehalten.

Die Bandscheibe selbst besitzt keine Blutgefäße, verfügt daher auch nur über eine gering ausgeprägte Stoffwechselaktivität und regeneriert sich folglich nur schwach. Aus diesem Grund zählt sie auch zu den bradytrophen (langsamer Stoffwechsel) Geweben. Die Ernährung der Bandscheibe geschieht vorrangig durch den Ein- und Ausstrom von Flüssigkeit über den Anulus fibrosus, also über Diffusion. Der Ausstrom der Flüssigkeit aus dem Nucleus pulposus findet vor allem tagsüber während der Druckbelastung statt. Dadurch schrumpfen die Bandscheiben und der Mensch wird ca. 2,5 cm kleiner am Tag. Während des Schlafens, also bei Entlastung saugen die Bandscheiben wie ein Schwamm die Flüssigkeit wieder auf

(= Rehydrierung). Deshalb ist ein stetiger Wechsel zwischen Be- und Entlastung wichtig, die Bandscheibe lebt also von Druck und Zug.

 

Funktion:

Im Allgemeinen wirken die elastischen Bandscheiben wie Stoßdämpfer. Sie dämpfen Erschütterungen und Druckbelastungen aller Art. Des weiteren begrenzt sie den Bewegungsumfang bei Vor- und Rückbewegungen und seitliche Bewegungen der Wirbelsäule. Der Gallertkern verlagert sich immer zur jeweiligen Gegenseite, wird durch den Anulus fibrosus gebremst.

Also verformt sich der Discus bei Bewegungen aufgrund seiner Elastizität. Dieses ist die Grundvoraussetzung für die Beweglichkeit der Wirbelsäule.

 

 Erkrankungen:

 

(1)Bandscheibendegeneration/Verschleiß

    (=Osteochondrosis)

Mit zunehmendem Alter Alter verringern sich bei jedem Menschen der Flüssigkeitsgehalt (auch die Qualität) und die Höhe der Bandscheiben, was zur Abnahme der Körpergröße führt. Der Faserring wird rissig. Es gibt Risikofaktoren für einen schnell fortschreitenden Verschleiß, z.B.:

→ sehr schwere körperliche Arbeit, einseitige

    Körperhaltung (z.B. viel Heben)

→ angeborene Wirbelsäulenschäden (z.B. Skoliose,

    M.Bechterew)

→ Adipositas

→ kaum abwechslungsreiche alltägliche Belastungen

    (z.B. langes Sitzen auf der Couch)

→ Wirbelsäulen- OP’s, Trauma (z.B. Frakturen)

 

(2)Bandscheibenvorfall (= Prolaps)

Im Verlauf der Degeneration kommt es zur plötzlichen oder langsamen Verlagerung bzw. Austritt von Gewebe des Nucleus pulposus nach hinten o. zu den Seiten, wobei der Anulus fibrosus teilweise oder vollständig einreisst. Dabei kann es zu einer Kompression des Rückenmarks o. der Nervenwurzeln kommen. Man unterscheidet verschiedene Stadien:

 

a.) Protusion =

       – nur Vorwölbung des Faserrings und Druck auf

          Spinalkanal

       - Faserring hat feine Risse

       - Gallertkern noch innerhalb

       - kann sich in 9 von 10 Fällen wieder voll zurückbilden

 

b.) Prolaps =

       - 90% in der Lendenwirbelsäule

       - Gallertkern tritt aus, Faserring komplett eingerissen

       - oft bei abrupten Bewegungen (z.B. Heben eines

          schweren Einkaufskorbes)

       - verstärkter Druck auf die Spinalnerven (vollständige

          Nerveneinklemmung mgl.)

       - mgl. starke, häufig in Extremitäten ausstrahlende

          Schmerzen, oft Taubheitsgefühl/ Kribbeln im

          Versorgungsgebiet bis hin zu Lähmungserscheing.

      - nur in ganz schweren Fällen ist neurochirurgisch

         eine OP ratsam

 

c.) Sequestration =

       – vom Gallertkern lösen sich Teile ab

 

Aber nicht immer muss die Bandscheibe Schuld sein, das ein Nerv eingeklemmt ist. Auch gestaute Gefäße oder Entzündungen an der Wirbelsäule können ursächlich sein für eine Nervenirritation. Man unterscheidet in der Medizin auch ein Radikulärsyndrom (Reizung des Rückenmarknervs) von einem Pseudoradikulärsyndrom (nicht unbedingt eine Nervenwurzelirritation), auch Spondylarthrose genannt. Deswegen ist eine genaue Schmerzanamnese während der Befundaufnahme äußerst wichtig für einen erfolgreichen Therapieverlauf.